Familie ASSER WOLF, Silvolde

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Grabstein von Bertha Tobias Wolf, Silvolde
Grabstein von Bertha Tobias Wolf, Terborg

Bertha Tobias kam am 29. Oktober 1853 in Oberdreis als Tochter von Jakob Tobias und Malchen Benjamin zur Welt. Sie war das sechste Kind der Familie.

1886 heiratete sie Asser Wolf aus Silvolde, Gelderland. Sie lebte zu der Zeit in Gelsenkirchen. Ihr Bruder Samuel und ihre Schwester Caroline waren schon in den 1870er Jahren ins Ruhrgebiet gezogen. Der Großvater von Asser Wolf war 1821 aus Meckenheim in die Niederlande gezogen und hatte dort geheiratet. Die hiesigen Juden verdienten in der Regel wie die deutschen Juden ihren Lebensunterhalt als Viehhändler und Metzger.

Die erste Tochter Amalie kam am 17. Juli 1887 zur Welt, die zweite Tochter Rosalia am 25. Juli 1890. Sohn Jacob wurde am 15. Dezember 1892 geboren. Der 1894 geborene Leo wurde nur ein Jahr alt.

Bertha und Asser Wolf nahmen auch ihre unehelich schwangeren Nichten Thekla und Amalie Tobias bei sich auf. Thekla, Tochter von Berthas Bruder Tobias Tobias und Karoline Baum, brachte am 2. März 1894 Tochter Ottilie zur Welt. Thekla ging kurz nach der Geburt zurück nach Deutschland während Ottilie in Silvolde blieb. Sie starb allerdings schon im Alter von 14 Monaten. Amalie, Tochter von Berthas Bruder Hermann Tobias und Regine Eichberg, brachte am 22. Dezember 1899 Tochter Toni zur Welt. Auch Amalie ging zurück nach Deutschland. Toni wuchs in der Familie von Bertha und Asser auf.

Amalie Wolf heiratete 1924 Joseph Isaac Mestriz aus Amsterdam. Sie führten in Terborg, einem Nachbarort von Silvolde, ein Textilgeschäft. Sohn Benni kam 1925 zur Welt.

Rosalia Wolf heiratete 1918 Isaac Hammelburg und zog mit ihm nach Amsterdam. Sie starb dort 1926.

Jacob Wolf heiratete 1923 Henriette de Winter. 1924 kam Sohn Alfred zur Welt, 1925 Sohn Nico.

Ehemaliges Kaffeehaus der Familie Cohen in Arnhem, Wielakkerstraat
Ehemaliges Kaffeehaus der Familie Cohen in Arnhem, Wielakkerstraat

Toni Tobias heiratete 1921 Abraham Cohen aus Arnhem. Sie führten in Arnhem ein Kaffeehaus. Toni und Abraham hatten neun Kinder: Emanuel (1921), Bertha (1924), Philip (1926), Marianne Rosalie (1927), Asser (1929), Emma (1931), Ida (1932), Jacob (1933) und Karel (1935). Tochter Emma starb im Alter von 12 Monaten.

Bertha Tobias starb am 7. August 1927 in Silvolde. Sie ist auf dem alten jüdischen Friedhof in Terborg, im Park der Villa Kalff beerdigt. Ihr Mann Asser erlebte noch die Besatzung der Niederlande durch Nazideutschland, starb aber vor dem Beginn der Deportationen, am 26. September 1941. Er wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof von Terborg beerdigt.

Grabstein von Asser Wolf, Terborg
Grabstein von Asser Wolf, Terborg

Anfang Oktober 1941 wurden zunächst die jüdischen Männer verhaftet und ins KZ Mauthausen verschleppt, so auch Joseph Mestriz und Jakob Wolf. Joseph starb am 14. Oktober 1941, Jakob am 25. Oktober. Den Witwen wurde mitgeteilt, dass sie Krankheiten erlegen seien. Beide Frauen entschieden, dass sie sofort mit ihren Kindern untertauchen müssten.

Zahlreiche Bauern der Gegend versteckten nicht nur ihre jüdischen Nachbarn und organisierten ihre Verpflegung, sondern nahmen auch weitere Flüchtlinge aus anderen Teilen der Niederlande und aus Deutschland auf. Die Lage wurde zunehmend schwierig, als die deutschen Besatzer auch die Einquartierung von ausgebombten Landsleuten anordneten und die Essensrationen immer knapper wurden. Es kam zu Denunziationen und Razzien.

Am 12. Dezember 1943 wurden Amalie Mestriz und Henriette Wolf in ihrem Versteck in Silvolde verhaftet. Ihre Söhne Alfred Wolf und Benni Mestriz waren im Nachbarort Sinderen bei Jan Te Lindert untergebracht. Alfred und ein anderes Ehepaar wurden dort in ihrem Versteck unter dem Fussboden entdeckt. Benni und einem weiteren Jungen gelang es, sich auf den Heuboden zu flüchten, wo sie sich in einer Kiste verstecken konnten. Die Gestapo-Männer fanden die Kiste nicht, wussten aber, dass die Jungen bei Jan Te Lindert gewesen sein mussten. Sie misshandelten Te Lindert in direkter Nähe des Verstecks, aber er verriet seine Schützlinge nicht. Er wurde mehrere Monate gefangen gehalten und gefoltert, aber im Juli 1944 als gebrochener Mann entlassen.

Amalie und Henriette wurden nach Auschwitz deportiert und am 28. Januar 1944 ermordet. Alfred war es gelungen, noch einmal zu fliehen, aber er wurde kurz darauf gestellt. Er starb am 21. Januar 1945. Sein Todesort ist unbekannt. Wie und wo sein Bruder Nico überlebte ist unbekannt, aber er wanderte nach dem Krieg nach Melbourne aus. Benni wechselte sein Versteck nach der Razzia mehrmals und überlebte auch die Besatzungszeit. Er machte nach dem Krieg in Amsterdam eine Ausbildung zum Buchhalter. 1950 besuchte er eine Jeshiva in Aix-en-Provence und emigrierte anschließend nach Israel. Der Familie Te Lindert blieb er stets verbunden und besuchte sie regelmäßig. Er starb 1999 in Jerusalem. Im Mai 2008 wurden die Te Linderts von Yad Vashem posthum als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Die Familie von Toni Tobias und Abraham Cohen wurde nach Auschwitz deportiert und dort bis auf den ältesten Sohn am 21. Januar 1943 ermordet. Emanuel Cohen starb am 31. März 1944 an einem unbekannten Ort.

Gedenkstein für die jüdischen Opfer des Naziterrors auf dem Friedhof in Terborg.
Gedenkstein für die jüdischen Opfer des Naziterrors auf dem Friedhof in Terborg.

Stammbaum:

Generation 1

  • Bertha Tobias (1853-1927) ∞ Asser Wolf (1859-1941)

Generation 2

  • Jacob I. Tobias (1803-1864) ∞ Malchen Benjamin (1815-1861) Oberdreis/Puderbach
  • Liefmann Wolf (1822-1893) ∞ Reintje Bamberg (1830-1889)

Generation 3

  • Tobias Herz (1758-1833) ∞ Täubchen Samuel (1774-1860) Oberdreis/Puderbach
  • Herz Benjamin (1795 – ?) ∞ Beile Aron (1795-1829) Raubach/Puderbach
  • Joseph Leib Wolf (1794-1870) ∞ Siena Hartogh (1799-1849)
  • Moses Bamberg (1786-1848) ∞ Jetta Snijer (1795- ?)