JULIUS TOBIAS 1888–1914, Heimbach-Weis

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_DSF6573_1024Es war die erste Schlacht, in die das 2. Rheinische Infanterie-Regiment Nr. 28 von Goeben aus Koblenz vor 100 Jahren zog. Der 26-jährige Julius Tobias aus Heimbach-Weis war im Sommer 1914 direkt zu Kriegsbeginn mit seiner Einheit über Luxemburg nach Belgien gezogen und traf hier am 22. August bei Neufchâteau auf die französische Armee. Die deutschen Truppen waren zwar siegreich und überrannten die Franzosen mehr oder weniger innerhalb von zwei Tagen, mussten aber dennoch einen Verlust von etwa 3000 Mann hinnehmen. Auf französischer Seite fielen in diesen ersten Kriegstagen auf belgischem Boden knapp 5000 Mann.

Auch Julius Tobias ließ hier bei Bièvre, knapp 40km westlich von Neufchâteau, am 23. August als Musketier sein Leben. Damals traten die Armeen noch in klassischer Manier, Mann gegen Mann, unterstützt von Reitern, gegeneinander an. Unter Führung von Generalmajor Max von Pfuel traf die 30. Infanterie-Brigade aus dem Rheinland im Dorf Bièvre jedoch auf überraschend erbitterten Widerstand. Schüsse aus Häusern nährten plötzlich die Angst vor Partisanen. Schon am nächsten Tag war die Einheit in Kämpfe an der Maas verwickelt.

Wir haben im Juli 2014 auf dem Weg in den Urlaub einen Abstecher zum Soldatenfriedhof von Neufchâteau-Malonne unternommen. Julius‘ Namen konnten wir auf den grauen Steinkreuzen für die deutschen Soldaten nicht finden. Dass er unter einem der Kreuze mit der Beschriftung „Unbekannter Soldat” liegt, ist wohl auch eher unwahrscheinlich, da der Friedhof verhältnismäßig klein ist. Es könnte noch sein, dass er auf dem Friedhof von Anloy beigesetzt wurde, allerdings wurde dieser erst 1916 angelegt und erst ab 1957 bettete man Gefallene von kleineren umliegenden Friedhöfen hierhin um. Die größte Zahl der im August 1914 gefallenen Soldaten wurde jedoch in Massengräbern an Ort und Stelle beerdigt.

Vermutlich Max Tobias 1915 in Koblenz
Vermutlich Max Tobias 1915 in Koblenz

Es ist schwer vorstellbar, was das für seine Eltern Moses und Jettchen bedeutete, so plötzlich den Sohn zu verlieren, für die Schwester Lina, die ihren Zwillingsbruder verlor, ohne eine Vorstellung davon wo und wie er gefallen war, warum er nicht zu Hause beerdigt werden konnte, die anderen drei Brüder vielleicht auch schon an der Front, ohne eine Ahnung, was ihnen noch bevorstehen sollte. Wann die Familie überhaupt über das Schicksal ihres Sohnes informiert wurde, ist nicht mehr nachvollziehbar. Der Eintrag ins örtliche Sterberegister erfolgte erst 1916, in den Verlustlisten des Militärs ist er jedoch schon im Oktober 1914 als „tot” eingetragen.

Offenbar war Julius als Freiwilliger in den Krieg gezogen, wie so viele junge jüdische Männer, die ihre Loyalität dem Deutschen Vaterland gegenüber unter Beweis stellen wollten. Auch sein jüngster Bruder Max ließ sich noch 1915 stolz in seiner Ausgeh-Uniform ablichten (links). Er kam in vier Kriegsjahren mit einem Rippenschuss davon. Wie es den Brüdern Moritz und Albert während des Krieges erging ist leider nicht mehr nachvollziehbar. Erhalten sind nur zwei Postkarten mit Liebesgrüßen, die Albert aus Lüttich und dem Lazarett in Köln an seine Verlobte nach Solingen schickte, sowie ein Brief, den er im Oktober 1918 aus Ammeloe an seine Mutter nach Heimbach-Weis schickte, um zwei Pakete mit einem Brot, 20 Pfund Kartoffeln, Strümpfen und Taschentüchern anzukündigen.

Einen bewegenden Artikel über ein Elternpaar, das das Sterben ihres Sohnes im September 1914 im Lazarett von Thionville miterlebt und es schafft, seinen Leichnam gegen alle Widerstände nach Hause zu bringen, hat mein Kollege Uli Preuss am 12.08.2014 im Solinger Tageblatt veröffentlicht: „Heini kommt tot nach Hause”

Soldatenfriedhof in Neufchâteau-Malonne, July 2014


Stammbaum:

Generation 1

  • Julius Tobias (1888-1914) Heimbach-Weis

Generation 2

  • Moses Tobias (1854-1931) ∞ Jettchen Österreich (1848-1928) Heimbach-Weis/Neuwied

Generation 3

  • Michael Tobias (1802-1858) ∞ Esther Kronenthal (1824-1899) Niederwambach/Puderbach
  • Isaak Oestreich (1811-1891) ∞ Hanche Kahn (1814-1882) Langstadt/Babenhausen

Generation 4

  • Tobias Herz (1758-1833) ∞ Täubchen Samuel (1774-1860) Oberdreis/Puderbach
  • Joseph Moses Kronenthal (1795-1865) ∞ Johanna David (1796-1865) Dierdorf
  • Nehm Oestreich ∞ Jendel Isenburger Langstadt/Babenhausen
  • Abraham Kahn ∞ Sara (1773-1863) Aschaffenburg