Familie MOSES TOBIAS, Heimbach-Weis

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Moses und Jettchen Tobias
Moses und Jettchen Tobias

Moses Tobias kam am 24. Januar 1854 in Niederwambach bei Puderbach als Sohn des Viehhändlers Michael Tobias und der Esther Kronenthal zur Welt. Sein Vater starb als er 4 Jahre alt war.

Aus dem Geburtenregister der jüdischen Gemeinde Niederwambach zur Geburt von Moses Tobias:

Laut Verhandlung vom 24. Januar 1854 –(?)– ist die Ehefrau
des Israeliten Michael Tobias zu Niederwambach, Esther
geb. Kronenthal am vier und zwanzigsten Januar acht
zehnhundert vier und fünfzig Morgens zwei Uhr
von einem Kinde männlichen Geschlechts entbunden worden
welchem der Vorname Moses beigelegt werden soll.
Eingetragen Dierdorf am ersten Februar achtzehn
hundert vier und fünfzig.

Heimbach Hauptstr. 82
Ehemalige Metzgerei der Familie Tobias in Heimbach-Weis, Hauptstr., Ecke Oberbüngstr.

Moses heiratete die 6 Jahre ältere Jendel „Jettchen” Österreich aus Langstadt in Hessen und ließ sich als Metzger in Heimbach-Weis bei Neuwied nieder. Sein Betrieb und Wohnhaus standen an der Ecke Hauptstraße/Oberbüngstrasse, die nach ihm „Mosesweg“ genannt wurde. Moses und Jettchen hatten 9 Kinder. Ein Mädchen starb bereits im Kindesalter und Sohn Julius fiel in den ersten Kriegstagen 1914 in Belgien.

Der älteste Sohn Moritz übernahm die Metzgerei des Vaters. Er und seine Frau Rosalie Weinberg blieben kinderlos. Tochter Sophia heiratete den Metzger Moses Mayer aus Müllenbach bei Cochem. Tochter Lina, die Zwillingsschwester von Julius, heiratete den nicht-jüdischen Militärmusiker Heinrich Germeck in Koblenz und zog später mit ihm nach Köln. Tochter Dorothea heiratete erst 1931 den verwitweten Metzger Josef Kronenthal aus Neuwied.

Tochter Julie, Sohn Albert und der jüngste Sohn Max gingen in die Textilbranche. Die ledige Julie arbeitete in Mülheim/Ruhr bei einem renommierten Kaufhaus als Abteilungsleiterin, Albert machte sich in Wald/Solingen nach der Heirat mit der Christin Toni Jacobi selbständig und eröffnete ein Herrenbekleidungsgeschäft. Max heiratete ebenfalls eine Protestantin, arbeitete in Köln als Schneidermeister und führte eine eigene Zuschneide-Akademie.

Grabstein von Jettchen und Moses in Bendorf-Sayn
Grabstein von Jettchen und Moses in Bendorf-Sayn

Jettchen Tobias starb im März 1928, Moses drei Jahre später im Juni 1931. Sie sind beide auf dem jüdischen Friedhof Bendorf-Sayn beerdigt und haben einen gemeinsamen Stein. Die Inschrift für Moses wurde nachträglich und offenbar ungeplant angebracht. Die Ecke mit dem Todesjahr ist abgebrochen. Direkt daneben befinden sich außerdem die Grabsteine der beiden anderen jüdischen Metzger aus Heimbach-Weis, Gottschalk Lion und Gustav Roos.

Moritz Tobias und seine Frau Rosalie mussten nach der Pogromnacht 1938 mit den Resten ihres Mobiliars in ein Judenhaus nach Neuwied ziehen. Sie wurden vermutlich 1942 deportiert. Über das Schicksal von Dorothea, die seit 1936 verwitwet war, ist nichts bekannt. Vermutlich wurde sie auch 1942 von Neuwied in den Osten deportiert.

Zwei Töchter von Sophia waren schon in den 20er Jahren in die USA ausgewandert, die dritte folgte 1937, die Eltern im Mai 1940.
Drei weiteren Kindern gelang die Flucht nicht mehr, sie wurden ermordet. Sophia starb 1962 in Brookhaven, New York.

Linas Mann starb 1938 an einem Herzinfarkt, so dass sie als verwitwete Jüdin nicht mehr geschützt war. Sie wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert, überlebte aber. Einer ihrer beiden Söhne starb in einem Arbeitslager an Tuberkulose.

Albert Tobias‘ Geschäft in Solingen wurde in der Pogromnacht verwüstet. Seine Frau ließ sich daraufhin scheiden, um das Geschäft für die beiden Söhne zu retten. Albert zog nach seiner Rückkehr aus Dachau zu seinem Bruder Max nach Köln. Er wurde im Oktober 1941 nach Lodz deportiert und Anfang Mai 1942 ermordet.

Vermutlich Max Tobias 1915 in Koblenz
Vermutlich Max Tobias 1915 in Koblenz

Max Frau Antoinette hatte sich trotz Drohungen nicht von ihrem jüdischen Mann scheiden lassen, sodass Max zunächst noch geschützt war. Er musste jedoch ins Arbeitslager Köln-Deutz. Als seine Einheit 1944 nach Buchenwald verlegt werden sollte, flüchtete er und tauchte bei Bekannten unter. Nachdem er bei einem Bombenangriff von Nachbarn gesehen worden war, versteckte er sich in einer Gartenlaube.

Antoinette war inzwischen wegen der schweren Bombardements mit den Kindern aus Köln nach Heimbach in das Haus gegenüber der Metzgerei von Moses Tobias gezogen. Die älteste Tochter Ruth wurde von Johanna Weidemüller und ihrer Familie, die eine Schwemmsteinfabrik am Gärtnersweg besaß, aufgenommen, verpflegt und versteckt. Die Geschwister unternahmen öfter Fahrten nach Köln, um den Vater in seinem Versteck mit Lebensmitteln zu versorgen. Max überlebte und eröffnete nach dem Krieg ein neues Geschäft. Er starb 1973 in Köln. Siehe auch: Jüdische Spuren in Heimbach-Weis

Kinder von Jettchen und Moses:

  • Moritz Tobias geb. 19.06.1880 Heimbach-Weis ∞ Rosalie Weinberg geb. 19.06.1875 Bork/Lippe. Das Paar war kinderlos und wurde 1942 deportiert.
  • Sophia Tobias geb. 02.10.1881 Heimbach-Weis, gest. 21.09.1962 New York ∞ Moses Mayer geb. 27.05.1879 Müllenbach, gest. 24.08.1943 New York, 6 Kinder
  • Johanna Tobias geb. 24.09.1883, wahrscheinlich im Kindesalter verstorben
  • Dorothea Tobias geb. 19.09.1884 Heimbach-Weis, 1942 deportiert ∞ Josef Kronenthal geb. 1869 Neuwied, gest. 1936 Neuwied, kinderlos
  • Julie Tobias geb. 03.08.1886 Heimbach-Weis, am 11.12.1941 nach Riga deportiert, kinderlos
  • Julius Tobias geb. 15.10.1888 Heimbach-Weis, gest. 23.08.1914 Neufchâteau (Mitglied des 28. Infanterie-Regiments von Goeben, Ehrenbreitstein), kinderlos
  • Lina Tobias geb. 15.10.1888 Heimbach-Weis, gest. 26.05.1982 Köln (überlebte Theresienstadt) ∞ Heinrich Germeck geb. 1883 Bienenbüttel, gest. 08.03.1838 Köln, 2 Söhne
  • Albert Tobias geb. 21.05.1891 Heimbach-Weis, gest. 05.05.1942 Chelmno/Kulmhof bei Lodz ∞ Antonie Jacobi geb. 08.02.1894 Wald/Solingen, gest. 05.05.1962 Solingen, 2 Söhne
  • Max Tobias geb. 18.11.1894 Heimbach-Weis, gest. 17.11.1973 Köln ∞ Antoinette Wilhelmine Möllenbeck geb. 18.12.1901, gest. 1978 Köln, 4 Kinder

Stammbaum:

Generation 1

  • Moses Tobias (1854-1931) ∞ Jettchen Österreich (1848-1928) Heimbach-Weis/Neuwied

Generation 2

  • Michael Tobias (1802-1858) ∞ Esther Kronenthal (1824-1899) Niederwambach/Puderbach
  • Isaak Oestreich (1811-1891) ∞ Hanche Kahn (1814-1882) Langstadt/Babenhausen

Generation 3

  • Tobias Herz (1758-1833) ∞ Täubchen Samuel (1774-1860) Oberdreis/Puderbach
  • Joseph Moses Kronenthal (1795-1865) ∞ Johanna David (1796-1865) Dierdorf
  • Nehm Oestreich ∞ Jendel Isenburger Langstadt/Babenhausen
  • Abraham Kahn ∞ Sara (1773-1863) Aschaffenburg